Gastbericht von Wolfgang „Doberanner“: Berlin-Marathon am 29.09.2013

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Wolfgang „Doberanner“ beim Mollilauf am 1. Mai 2013

Endlich war der Tag gekommen, auf den ich ein ganzes Jahr lang hingearbeitet habe. Sonntag, der 29.09.2013 war das Datum schlechthin für mich seit dem 25.Oktober des letzten Jahres, als ich mich für den Berlin-Marathon 2013 angemeldet habe und innerhalb von 3 ½ Stunden alle 40000 Startplätze vergeben waren.

Zur Unterstützung waren meine Frau und meine zwölfjährige Tochter mit nach Berlin gekommen, außerdem wollten wir uns noch mit meiner Schwester und ihrem Mann treffen, weil mein Neffe zum zweiten Mal den Marathon laufen wollte. Ebenso seine Freundin aus Schweden und ihre zwei Schwestern und Eltern, die schon vor ein paar Tagen aus Stockholm nach Berlin gekommen waren. Wir sind am Sonnabend mit dem Zug angereist und ich hatte im Voraus eine einfache Pension in der Nähe des Kurfürstendamms gebucht.

Eine Nacht in Berlin ist ja Pflicht, weil spätestens am Sonnabend die Startnummer auf der Messe „Berlin Vital“ abgeholt werden muss. Das klappte am Nachmittag problemlos. Anschließend waren wir noch zum Pastaessen zu den anderen eingeladen worden. Um 6 Uhr bin ich aufgestanden. Zum Frühstück aß ich 3 Honigbrötchen und eine Banane. Dazu trank ich entsprechend den Vorgaben, was man alles am Wettkampftag machen soll, etwa einen Liter Wasser. Mit meiner Schwester hatte ich mich noch unterhalten und sie sagte, dass das mit dem Trinken auch oft übertrieben wird.

Ich wollte mit dem Austreten unterwegs keine Sorgen haben und so trank ich jetzt nicht mehr soviel. Meine beiden Frauen konnten noch liegen bleiben, denn sie brauchten noch nicht mit mir los. Sie fuhren später mit der S-Bahn zum vereinbarten Treffpunkt mit den Anderen am Kilometer 12, dem Straußberger Platz. Um 7:20 Uhr nahm ich meinen vollgepackten BMW-Marathonbeutel und ging zur S-Bahn.

Das Wetter war nahezu ideal für den heutigen Lauf. Die Sonne schien, nur ein leichter Wind wehte, allerdings war es morgens doch noch sehr kalt, ich war froh, dass ich die alte Joggingjacke, die ich später wegschmeißen wollte, überziehen konnte. Auf dem Weg zur S-Bahn-Station „Savignystraße“ traf ich gleich an der nächsten Straße einen anderen Marathonläufer. Wir gingen zusammen zur S-Bahn und unterhielten uns angeregt über das bevorstehende Großereignis.

Ich erzählte, dass ich zum ersten Mal dabei bin und dass ich zuletzt vor 25 Jahren aus einer verrückten Idee heraus ohne lange Vorbereitung einen Ultramarathon, die 64 Kilometer beim Rennsteiglauf, gelaufen bin. Er sagte, er kommt eigentlich aus Schweinfurt und läuft heute seinen 21.Berlin-Marathon. So verging die Zeit in der S-Bahn bis zum Hauptbahnhof wie im Fluge, schon waren wir zusammen mit tausenden anderen Läufern auf dem Weg ins Startgebiet. Am Eingang zum abgesperrten Bereich wurden das Bändchen und die Startnummer kontrolliert und dann waren wir mitten drin unter tausenden anderen Marathonläufern.

Die meisten hatten diese provisorische Mülltüte drübergezogen und viele froren heftig. Bei einem Fotografen sagte Thomas, so hieß mein Begleiter, los, jetzt machen wir noch schnell ein Bild von uns beiden, das könnte man später unter marathonfoto.com ansehen und kaufen. Dann verabschiedeten wir uns und wünschten uns gegenseitig einen guten Lauf. Ich begab mich zu meiner Gepäckstelle, wo ich mein Bündel abgeben konnte. Es war noch reichlich Zeit und so schlenderte ich ganz gemütlich in Richtung Startbereich und genoss diese einzigartige Atmosphäre. Tausende Läufer präparierten sich auf ihre Weise für den großen Lauf, man sah die unterschiedlichsten Laufsachen, Trinkflaschengurte, Trinkrucksäcke, exotische Laufklamotten, kräftigere und ganz schmächtige Läufer, aus der ganzen Welt waren die Sportler angereist, um hier heute den Berlin-Marathon mitzumachen.

Ich wunderte mich nur, was manche so alles mitschleppen, insbesondere die Getränke, auf die einige offenbar nicht verzichten können. Es gibt unterwegs doch genug. Kurzfristig entschied ich mich, das Handy doch dabei zu behalten, so konnte ich noch in aller Ruhe mit meiner Schwester telefonieren und auch für unterwegs war es vielleicht nicht schlecht, wenn man das Handy dabei hat. Im Gegensatz zu dem, was andere da so am Körper trugen, war das Handy dann doch recht wenig, was ich mitnahm. Auf dem Weg zum Startbereich muss man über die große Wiese vor dem Reichstag und da gab es Gelegenheit, nochmal schnell ohne Anstehen in den Busch zu gehen.

Und dann war ich auch schon im Startbereich des Blockes H angekommen. Die Straße des 17.Juni war natürlich voller Menschen und ich arbeitete mich etwas weiter nach vorne, denn dieser Block ist ja für Läufer mit einer Zeit von 4:15 und aufwärts vorgesehen. So dachte ich, mit meiner ungefähren Zielzeit von 4 Stunden ist es besser, wenn ich schon mal etwas weiter vorne stehe. Die Stimmung war einzigartig, auf hohen Podesten waren Animationsfrauen beim Vorturnen von Aufwärmübungen und die Läufer machten begeistert mit. Ein Moderator war über Lautsprecher zu hören und heizte die Massen an. Inzwischen war ich vorne am Ende des Blocks G angekommen und so hatte ich meine optimale Startposition gefunden.

Es war immer noch viel Zeit bis zum Start. Der Ansager begrüßte jetzt die Top-Läufer aus der ganzen Welt, als Ehrengäste waren zahlreiche frühere Sieger da, unter anderem Uta Pippig und Haile Gebrselassie, der später auch den Startschuss abgab. Ich musste jetzt nochmal austreten und nutzte nun die Dixis an der Seite. Dass brauchte eine Weile, eh ich rankam, aber Zeit war auch dafür noch genügend. Dann musste ich nochmal rüber über die Absperrung und mitten rein in den Block. Um mich herum standen viele Läufer aus Dänemark, die größte ausländische Fraktion beim Berlin-Marathon sind ja traditionell die Dänen mit über 5000 Läufern. Und als ich unter tausenden Läufern im Startblock stand, ging mir nochmal alles durch den Kopf, die ganze Vorbereitung und das Training, und jetzt bin ich hier und darf gleich starten.

Glücksschauer überkamen mich und ich war tatsächlich den Tränen nahe. Welch ein Moment. Die erste Startzeit 8:45 näherte sich unaufhaltsam und der Countdown lief. Dann endlich gab es vorne den ersten Startschuss von Haile Gebrselassie und der Block A mit den Kenianern konnte loslaufen. Gesehen habe ich davon nichts, nur zu hören war alles. Jubel kam auf und die Stimmung hob noch mal an. Die zweite Welle waren die Startblöcke B bis G, eine Viertelstunde später, also um 9 Uhr. Und dann endlich kam der letzte große Block an die Reihe, die Menschenmasse setzte sich gemächlichen Schrittes in Bewegung in Richtung Startbereich. Dabei wurde eine sehr eindringliche Musik gespielt, so, als wenn Spartacus in den Kampf zieht. Das war ein sehr einprägsamer Vorwärts-Marsch, diese Melodie muss ich mir noch irgendwie besorgen.

Und nahezu fließend kam man vom zu Fuß gehen in den Laufschritt, vorne ertönte der Startschuss für die dritte Welle und endlich endlich ging es los. Jetzt wurde „I just can say hello“ gespielt, dieser Beat passte genau. Ich trabte locker los und achtete beim Passieren der Startmatte darauf, meinen Garmin-Forerunner in Gang zu setzen. Ich hatte ihn vorher auf „Virtual Partner“ gestellt, und zwar mit der Pace von 5:40 pro Kilometer. Das war genau der Schnitt, den ich brauchte, um meinen Traum zu erreichen, unter 4 Stunden zu bleiben. Ganz locker und entspannt habe ich begonnen. Es ging erstmal an der Starttribüne vorbei. Von der Prominenz habe ich beim Vorbeilaufen keinen einzigen Bekannten auf die Schnelle erkennen können.

Voraus war die Siegessäule zu sehen, dort ging es links und rechts vorbei und weiter bis zum Ernst-Reuter-Platz. Läufer über Läufer waren um mich herum und ich musste immer wieder aufpassen, mit Niemandem zu kollidieren. Das blieb eigentlich bis zum Schluss so. Bei jedem Kilometer schaute ich auf meinen Forerunner, um ja nicht zu schnell anzufangen. Ich denke, so jetzt im Nachhinein habe ich es genau richtig gemacht mit dem Tempo, denn ich lief sehr konstant, meine Kilometerschnitte bewegten sich nur in einem Bereich von 5:25 bis 5:50.

Die ersten etwa 20 Kilometer hatte ich immer den Eindruck, dass ich ganz locker und ruhig meine Bahn ziehe, immer mit dem Gefühl, ich könnte eigentlich noch viel schneller laufen. Am ersten Getränkepunkt nahm ich nur einen kleinen Schluck Wasser, den ersten Verpflegungspunkt ließ ich aus. Etwa bei Kilometer 8 fiel mir ein, dass ich am Donnerstag noch mit Herrn Aschendorf*, einem nun schon jahrelangen guten Partner auf Arbeit in Sachen Softwarebetreuung, telefoniert hatte.

Die für uns zuständige Firma hat ihren Hauptsitz in Berlin und Herr Aschendorf* ist einer der Geschäftsführer. Natürlich kamen wir bei dem Telefonat auf den Berlin-Marathon zu sprechen und er sagte, dass er diesmal als Helfer an der Strecke ist, und zwar etwa zwischen Kilometer 4 und 9. Also dachte ich, kann ich ja mal nach ihm Ausschau halten, bei der Menschenmenge ist es ja nahezu unmöglich, dass ich ihn sehe. Aber so hat man seine Beschäftigung während des Laufens. Und der Zufall wollte es tatsächlich so, dass ich ihn plötzlich an meiner Seite auf dem Bürgersteig langgehen sah.

Schnell rief ich ihn und so haben wir uns doch wirklich gesehen. Minutenlang konnte ich das gar nicht fassen und auch später musste ich immer wieder dran denken, dass es doch ein großer Zufall war. Ein wenig später erkannte ich direkt an der Strecke den SPD-Politiker Wolfgang Thierse, der, glaube ich, im Prenzlauer Berg wohnt. Jetzt ging es weiter im Ostteil Berlins und meine nächste Marke, auf die ich hinarbeitete, war der Straußberger Platz bei Kilometer 12. Dieser Platz ist ein großer Kreisel und meine Leute wollten dort links stehen. So hielt ich mich konsequent am linken Rand des Läuferfeldes.

Die Sonne blendete von vorne, aber ich entdeckte meine Schwester in den Zuschauerreihen. Meine Tochter hatte den Fotoapparat auf Video gestellt und filmte mein Vorbeilaufen. Der kurze Film ist jetzt sehr schön anzuschauen, die tolle Atmosphäre und die tausenden vorbeilaufenden Marathonläufer. Ich fühlte mich noch frisch und frei und lief weiter gleichmäßig. Jetzt ging es am Alex vorbei und wieder in den Westteil. Die nächste Stelle, wo die Anderen hinfahren wollten, war Kilometer 32 am Fehrbelliner Platz. Das war auch für mich der nächste Meilenstein, auf den ich jetzt hinarbeitete.

Bis etwa Kilometer 25 merkte ich noch gar nichts von Anstrengungen, es ging immer flott vorwärts. Ab und zu gibt es auch mal Engpässe durch das dichte Läuferfeld, zum Beispiel, wenn vor mir eine Reihe Läufer etwa das gleiche Tempo lief, was aber für mich zu langsam war. Dann musste ich sehen, wie ich vorbeikomme und so läuft man dann eben doch öfter mal Zick-Zack und nicht immer die Ideallinie, die ständig mit 3 blauen Strichen auf der Straße zu sehen war. Auf den letzten Zwanzigern hatte ich ab und zu mal ganz kleine „Hänger“, weil ja noch so viel zu laufen war und es so langsam an die Reserven ging.

Aber es gab immer wieder die Bands am Straßenrand und die tausenden Zuschauer, von denen ich mir Kraft holen konnte. An der einen Stelle war eine Band unter einer Brücke, die trommelten aus Leibeskräften und hatten dazu noch etwa 10 Megaphons, mit denen sie uns Läufern einheizten. Das war ein sagenhafter Schub, der einen wieder kilometerlang weitertrug. Im Übrigen kam mir der gesamte Lauf ein wenig wie der Kopenhagen-Marathon vor, so oft sah ich die rot-weiße Dänemarkfahne, rot-weiß gekleidete Zuschauer und hörte immer wieder „Denmark, Denmark…“.

Allein bei diesem Marathon waren 6231 Dänen dabei. Inzwischen nutzte ich auch die Verpflegungspunkte, um dort Wasser zu trinken und Bananenstücken zu essen. Von diesem Power-Bar-Zeug wollte ich nicht so recht was nehmen, weil ich dieses Backszeug minutenlang im Mund haben würde ohne was nachzutrinken. Einmal gab es einen ganzen Abschnitt, wo Power-Bar-Tuben ausgegeben wurden, allerdings konnte ich nicht sehen, ob es dazu auch was zu trinken gab. So ließ ich auch diesen Stand aus. Bemerkenswert war aber der Zustand der Straße danach. Die tausenden weggeworfenen Restpackungen klebten auf der Straße und die Turnschuhe backten ebenfalls kilometerlang, ein einzigartiges Klebgeräusch ergab das.

Von der Stadt nahm ich nur noch wenig war. Wir hatten uns vorher noch darüber unterhalten, ob es wohl möglich wäre, unterwegs mal kurz auszutreten. Und es hieß, das würde wohl nicht gehen, weil die ganze Strecke voller Zuschauer steht. Ich habe aber mehrmals Männer gesehen, die vor allem auf dem begrünten Mittelstreifen der Straße am Busch oder Baum standen. Also, im Notfall hätte ich auch fix mal gehen können. Aber ich brauchte letztendlich nicht ein einziges Mal während des gesamten Marathonlaufes an die Seite. Jetzt war schon Kilometer 32 in Sichtweite und ich orientierte mich allmählich auf die rechte Seite.

Am Fehrbelliner Platz geht es links rum und ich lief deutlich rechts außen, immer Ausschau haltend nach den Vieren. Und wieder sah ich zuerst meine Schwester, dazu die anderen. Wir freuten uns riesig, dass wir uns erneut sehen konnten, das schafft man nämlich nicht immer. Ich lief schnell rüber zu ihnen und sagte „Noch zwölf Kilometer“. Das war natürlich Quatsch, ich konnte also schon nicht mehr richtig rechnen, denn bei Kilometer 32 sind es ja wohl nur noch 10 Kilometer bis zum Ziel. Die Begegnung hat mir danach unheimlich Auftrieb gegeben, denn die folgenden eigentlich sehr harten Kilometer konnte ich einigermaßen gut hinter mich bringen.

So richtig schwer wurde es erst wieder ab etwa Kilometer 37. Jetzt lief ich schon am Limit und dachte nur noch daran, dass es doch bald zu Ende sein möge. Dann war der Kurfürstendamm erreicht. Hier war viel los, sehr viele Zuschauer säumten die Straße und ich wusste, was noch vor mir lag. Erstmal bis zum Gendarmenmarkt und erst dahinter geht es in Richtung „Unter den Linden“. Meine Obergrenze war so gut wie erreicht.

Bei Kilometer 41 schaute ich auf meinen Forerunner und hatte 3:53 auf der Uhr. Noch 7 Minuten blieben mir für den Rest und jetzt setzte ich nochmal alles daran, die Traummarke zu schaffen. Das war der härteste Abschnitt des gesamten Marathons. Deshalb konnte ich jetzt auch nicht mehr richtig das Durchlaufen des Brandenburger Tores genießen. Dementsprechend sehen auch meine Fotos vom Zieleinlauf aus. Freude, Glück und Jubel sehen anders aus. Auch die 200 Meter danach war ich kurz vorm Umfallen, dann war es geschafft, bei sagenhaften 3:59:50 stoppte ich meine Uhr. Sensationell, eine Punktlandung vom Allerfeinsten, 10 Sekunden vor der 4-Stunden-Marke.

Ich hätte sofort vor Freude über die „3“ vorne in die Luft springen müssen, aber ich war erstmal dermaßen kaputt, dass ich zunächst nur mit mir selbst zu tun hatte, um wieder einigermaßen auf den Damm zu kommen. Es gab gleich nach dem Zieldurchlauf die Medaille und dann eine gelbe Folie als Wärmeschutz. Jetzt wurde mir richtig schlecht und ich hielt mich links in der Nähe des Zaunes, damit ich mich im Notfall schnell dort übergeben kann. Die Übelkeit hielt ein paar Minuten an und ich hatte Brechreiz. Es kam dann aber doch nichts und nachdem ich noch einen Schluck Wasser getrunken hatte, ging es allmählich wieder aufwärts. In dieser Übelkeitsphase klingelte auch zweimal mein Handy, aber ich war einfach noch nicht in der Lage, mit den anderen zu sprechen. Jetzt kamen aber die Gefühle über mich, das Ganze zu begreifen und diesen haarscharfen Zieleinlauf Revue passieren zu lassen.

Die Freudentränen liefen und es waren die großartigsten Momente seit Jahren, die ich nun erlebte. Welch ein großer Lauf, die 4 Stunden-Marke doch geschafft zu haben, die lange Vorbereitung hatte sich gelohnt. Minutenlang konnte ich nicht ruhig werden. Beim weiteren Vorwärtsgehen sagte ein Betreuer, wahrscheinlich als er mich sah, dass jetzt nach dem geschafften Lauf auch wieder Zeit wäre, ein „freundliches Gesicht“ zu machen. Ich muss in dem Moment eigenartig ausgesehen haben, so vor Glück heulend. Wenn der gewusst hätte, warum ich so aussehe. Jetzt war ich soweit, die anderen zu sprechen und griff zum Handy. Sie waren inzwischen am Familientreffpunkt vor dem Reichstag und warteten auf alle, die das Ziel erreicht hatten.

Auf dem Weg Richtung Gepäckzelte gab es nochmal einen Beutel mit allerlei Läufermaterial. Die gelbe Folie war jetzt Gold wert, denn so allmählich begann ich zu frieren. Mit sehr behutsamem Schritt erreichte ich meine Gepäckbox und nahm meinen vollgepackten Beutel entgegen. Zitternd suchte ich mir ein Plätzchen an den grünen Hecken auf der Wiese vor dem Reichstag, breitete meine Folie aus und holte meine frischen Sachen heraus. Eigentlich wollte ich jetzt zu den Duschzelten gehen, aber der Weg erschien mir nun viel zu weit, außerdem war mir fürchterlich kalt, so dass ich mir sofort die kompletten Sachen angezogen habe.

Ich dachte, frisch machen kann ich mich vielleicht noch auf dem Hauptbahnhof. Außerdem wollte ich ganz schnell zu den Anderen. Also habe ich mich jetzt hier im abgesperrten Bereich nicht mehr lange aufgehalten und ging zum Ausgang am Familientreffpunkt. Ich fragte noch, wo ich den Championchip abgeben könnte. Das war draußen und dann fasste ich den Entschluss, den Chip zu behalten. Er kostete 6 Euro Miete und wenn man ihn behält, kann man ihn bei vielen großen Laufveranstaltungen wieder nutzen. Spätestens jetzt war mir klar, dass das mit dem Marathon erst der Anfang nach 25 Jahren war.

Die nächsten Jahre werde ich versuchen, solche tollen sportlichen Großereignisse immer wieder mitzumachen. So habe ich den Chip jetzt und konnte ihn schon bei der Anmeldung für den nächsten Marathon einsetzen. Allerdings wird demnächst noch eine Nachforderung von 25 Euro auf mich zukommen. Dann passierte ich die Ausgangsschleuse und verließ den abgesperrten Bereich in Richtung Familientreffpunkt.

Dort sind die Buchstaben alphabetisch angeordnet und wir wollten uns alle bei „K“ treffen. Schnell fand ich die anderen und wir fielen uns alle glücklich in die Arme. Mit „K“ fängt ja auch Kiesendahl an und der Zufall wollte es, dass mir der Fred Kiesendahl über den Weg lief. Wir begrüßten uns kurz und er sagte, er sei „nur“ 4:30 gelaufen, weil er nicht ordentlich trainieren konnte. Wir verabschiedeten uns bis zum nächsten Lauf.

Wenig später ging es mit ganz gemütlichem Schritt Richtung Hauptbahnhof, um den nächstbesten Zug Richtung Rostock oder Wismar zu nehmen. Zu Hause schaute ich gleich ins Internet und sah, dass meine gestoppte Zeit exakt mit der offiziellen übereinstimmte. Ich wurde insgesamt 15896zigster, also war ich in der ersten Hälfte. In meiner Altersklasse M50 wurde ich 1999zigster, wenn das nichts ist, noch unter den besten 2000. Das war ein einzigartiges Lauferlebnis und so habe mich gleich für das kommende Jahr wieder registriert, in der Hoffnung, Glück beim Auslosen der Startplätze zu haben. Weil mir das allerdings etwas zu unsicher ist, habe ich mich auch gleich noch für den Hamburg-Marathon am 4.Mai 2014 angemeldet.

Sportliche Grüße
Euer „Doberanner“
Wolfgang Schümann

7 Kommentare zu “Gastbericht von Wolfgang „Doberanner“: Berlin-Marathon am 29.09.2013

  1. Hallo Wolfgang!
    Tolle Leistung, sowohl das Ergebnis, als auch dein Bericht! Auf dass die Gelenke und Muskeln noch lange mitmachen!
    Eddie Tillack wäre stolz auf dich!
    Heiko

  2. Lieber Wolfgang,
    Mit diesem Bericht konnte ich mir nun noch einmal besser vorstellen wie du dich dabei gefühlt hast und wie tiefgreifend die Gefühle sind, die man dabei erlebt. Eine tolle Leistung und weiter viel Spaß bei den nächsten Läufen.
    Deine Schwester Heike

  3. Hallo Wolfgang,

    vielen Dank für den Hinweis bezüglich Deiner läuferischen Impressionen, die Du hier sehr anschaulich verfaßt hast. Und freilich, meinen Glückwunsch zu diesem Erfolg, der Dir mit Deiner Teilnahme glücklich gelungen ist.

    Ich bin geneigt anzunehmen, daß jener Moment am Ende einen festen Platz in Deiner Erinnerung einnehmen wird und Du immer mit einem Lächeln darauf zurückblicken wirst – und ja, die vorherige Anstrengung wird schnell verblassen.

    Für die kommenden Großereignisse im sportlichen Rahmen, die Du absolvieren wirst, wünsche ich Dir vorab viel Freude, aber noch viel mehr Gesundheit, so daß Du sie entsprechend genießen kannst.

    Alles Gute,

    Marcus

  4. Hallo Wolfgang,
    das ist doch mal ´ne Punktlandung. Was für eine Zeit!!! Herzlichen Glückwunsch zu dieser tollen Leistung! Wenn man Deinen Bericht liest, bekommt man glatt Lust, so was auch mal zu versuchen. Liebe Grüße von Anne, Claus & Kindern

  5. Lieber Wolfgang,
    konnte Nachts um 4.00 Uhr nicht mehr weiterschlafen und habe dann deinen Bericht gelesen. Man fühlt sich wie dabei gewesen! Nach deinen nächsten Lauferlebnissen kannst du ja anfangen, ein Buch zu schreiben.
    Ob ich nun wieder einschlafen kann ist sehr fraglich.
    Weiter so!!!
    Ulrike

  6. Herzlichen Glückwunsch, das hast du toll gemacht und toll geschrieben! Du kannst stolz auf dich sein! Die umfangreiche Vorbereitung hat sich gelohnt.
    Karl

  7. Hallo Wolfgang,
    volle Zustimmung in den Emotionen, die auch jetzt beim Lesen wieder aufkamen und mich an meinen Berlinmarathon erinnerten.

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