Einen Tag nach dem 118. Stundenlauf im Küstenwald starteten wir in einen zweiwöchigen Kurzurlaub.
Unser Plan für die Zeit sah folgendermaßen aus:
Erst einmal Roland besuchen und seine neue Heimat, das Frankenland, erkunden. Hier durfte ein abendlicher Besuch der traditionellen „Bergkirchweih“, die seit 1755 um die Zeit um Pfingsten stattfindet, keinesfalls fehlen. Am Pfingstdienstag schließen übrigens die meisten Geschäfte und Firmen um 12 Uhr, damit die Belegschaften dem „Ruf des Berges“ folgen können. Für Studenten ist der Tag vorlesungsfrei (früher gab es sogar einwöchige Bergferien).
In den darauf folgenden Tagen erkundeten wir zusammen mit Roland viele Sehenswürdigkeiten rund um Erlangen: Bamberg, Nürnberg, Rothenburg ob der Tauber, Coburg, Forchheim, den Walberla (einer der heiligen Berge der Franken). Natürlich machten wir auch einen Abstecher nach Herzogenaurach, wo zwei bekannte Sportartikelhersteller beheimatet sind und die dort auch eigene Outlet-Center haben.
Einmal rafften wir uns zu einem Trainingsläufchen auf. Ein bisschen Vorbereitung auf den Rennsteiglauf wollten wir doch nach betreiben. Mit Roland war ich auf seiner Laufstrecke rund um den Rathsberg unterwegs. Die Strecke hatte es ganz schön in sich. Insgesamt kamen wir bei 12 km auf 166 Höhenmeter. Für einen Flachlandtiroler wie mich war es sehr anstrengend, da ich Berge absolut nicht gewöhnt bin. Roland ist dagegen schon fast ein richtiger Bergläufer geworden.
Am 24.05.2018 machten wir uns nach Suhl auf, wo wir für die Tage am Rennsteig unser Hotelzimmer hatten. Am Samstag, bevor wir zum Abholen der Startunterlagen und zur Kloßparty nach Oberhof fuhren, besichtigten wir in Sonneberg das Spielzeugmuseum. Die Ausstellung ist wirklich sehr interessant. Außer dem Spielzeugmuseum gibt es übrigens in Sonneberg noch ein kleines, aber feines, Teddymuseum. Hier wurden wir fündig: Für unsere beiden Enkelkinder fanden wir hier Teddys, beides Unikate, handgefertigt.
In Oberhof holten wir unsere Startunterlagen ab. Die Startnummernausgabe in Oberhof ist wirklich perfekt durchorganisiert. Die Startunterlagen hatten wir jetzt. Da fiel mir voller Schrecken ein, dass mein ChampionChip zuhause in der Schublade liegt. Den hatte ich ganz vergessen! Also trabte ich nochmals zur Anmeldung zurück und holte mir einen Leihchip. Auch das ging ziemlich unkompliziert vonstatten. Jetzt konnten wir zur Kloßparty wandern. Auf dem Weg dorthin trafen wir bereits einige Bekannte: ein paar Rostocker, Sportfreunde vom SV Motor Wolgast, Maik von den Socken-Wellen…
In der gut gefüllten Halle waren ähnlich wie beim Oktoberfest zahlreiche Reihen von Biertischen aufgebaut. Roland und ich stellten uns nach dem Essen an; Gudrun hielt Ausschau nach „unseren“ Sportfreunden von der Laufgruppe Schwerin. Die DJ’s sorgen nebenher mit passender Musik, wie z.B. dem Rennsteiglied, bei dem lautstark mitgesungen wurde, für die entsprechende Stimmung.
Gudrun hatte in der Zwischenzeit Frank von unserer Laufgruppe ausfindig gemacht. Auf dem Rückweg zum Auto trafen wir Konni und Kurt von der TSG Wittenburg. Konni war sich noch nicht sicher, ob er am nächsten Morgen wirklich beim langen Kanten (75 km) startet oder doch lieber auf eine kürzere Distanz umsattelt. Es wäre dann seine 25. Teilnahme beim Rennsteiglauf.
Der Tag des Rennsteiglaufs: Kurz vor sechs Uhr fuhr der Bus vom Suhler Busbahnhof nach Oberhof ab. Dementsprechend standen wir schon am frühen Morgen gegen 4:30 Uhr auf. Das Hotelrestaurant hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Stunden auf. Für das Frühstück war also bestens gesorgt.
Gegen 6:15 Uhr erreichten wir bei klarem Himmel und Sonnenschein Oberhof und wir pilgerten mit den aus allen Richtungen eintreffenden Sportfreunden in Richtung Start.
Von Hans-Werner hatte ich über facebook schon von seiner Hochzeit am Vortag des Rennsteiglaufs in Oberhof erfahren. Kurz vor dem Start trafen wir ihn und seine Frau Undine, wie vereinbart, bei den Post-LKW’s, die für den Rücktransport der Gepäckbeute bereitstanden. Jetzt hatten wir Gelegenheit, den beiden zur Hochzeit persönlich zu gratulieren.
Aber auch unsere Lauffreunde aus Neubrandenburg, Wolgast, Schwerin und Wittenburg trafen nun nach und nach ein. Gudrun sorgte wie gewohnt für die entsprechenden Gruppenbilder vor dem Start.
Die Starts erfolgten in insgesamt acht Wellen und für uns wurde es langsam Zeit, in die entsprechenden Startblöcke zu wandern. Im Block 4 trafen wir Kurt von der TSG Wittenburg. Er erzählte uns, dass sich Konni doch letztendlich für den „langen Kanten“ entschieden hatte.
Nach und nach rückten wir mit jeder Welle weiter im Pulk der knapp 7.000 Starter vor. Um 7:40 Uhr wurde unter großem Jubel die Strecke für unseren Startblock freigegeben. Erst einmal ging es an der Skisporthalle auf der Tambacher Straße bis Höhe Grenzadler vorbei, dann links ab direkt auf den Rennsteig. Hier wartete bereits der erste Anstieg von ca. 70 Höhenmetern auf uns. Ab Kilometer zwei ging es wieder bergab in Richtung Oberhof. Wir verließen für einen kurzen Abschnitt den Rennsteig, passierten eine Unterführung und liefen entlang der Zellaer Straße in Richtung Rennsteiggarten. Zum „Großen Beerberg“ hin warteten immer wieder langgezogene Anstiege auf uns. Bei Roland machte sich nun sein Bergtraining bemerkbar, bei mir dagegen die ersten Ermüdungserscheinungen.
Die Erinnerungen an das Vorjahr kamen jetzt hoch. Damals das Feld, zumindest auf der ersten Hälfte, viel dichter gewesen. Gefühlt waren wir pausenlos am Überholen. Wir konnten diesmal schnell unser Tempo laufen, wobei es mit meiner Fitness gegenüber dem Vorjahr, bedingt durch die lange Erkältung und Grippe im Frühjahr, nicht wirklich besser aussah. Allerdings lässt die wunderschöne Waldstrecke durch den Thüringer Wald alle Strapazen vergessen.
So ging es dann auch Kilometer um Kilometer voran. Bei km 12 erreichten wir Schmücke und gönnten uns am Versorgungspunkt erst einmal eine kleine Erfrischung. Nach und nach musste Roland sich nun immer häufiger nach mir umschauen und mich etwas motivieren. Auf dem Weg musste man stets auf Wurzeln und Unebenheiten achten. So manchem Läufer wurde hier eine kleine Unachtsamkeit zum Verhängnis.
Langsam näherten wir uns Schmiedefeld, dem schönsten Ziel der Welt, wie es so schön heißt. Obwohl das Streckenprofil auf den letzten Kilometern eigentlich leicht abfallend war, so war ich nun doch ziemlich platt und legte einige Gehpausen ein. Roland sah sich immer häufiger nach mir um und versuchte mich wieder etwas aufzubauen.
Kurz vor dem Ziel wartete Gudrun auf uns. Die letzten Meter bis ins Ziel riss ich mich nochmals zusammen und lief gemeinsam mit Roland nach 2:20:32 h ins Ziel. Geschafft!!!
Nachdem wir uns etwas erfrischt und verschnauft hatten, machten wir uns auf die Suche nach Gudrun, die wir recht schnell im Zielgebiet fanden.
Ein ganzes Weilchen schauten wir uns das bunte Treiben im Zielgebiet in Schmiedefeld noch an. Dieses Jahr herrschten wirklich optimale Bedingungen: Sonnenschein und angenehme Temperaturen sorgten für eine tolle Stimmung unter den Läufern.
Für den Nachmittag hatten wir uns vorgenommen, in Suhl einen Mittelaltermarkt besuchen. Die Plakate hatten wir überall gesehen. Man sollte aber die Plakate schon genauer lesen, wie wir erfahren mussten. Markt, das hieß für uns automatisch: Markt beim Alten Rathaus. Da war aber nichts. Auch beim Neuen Rathaus, einem DDR-Plattenbau, war ebenfalls nichts von einem Mittelaltermarkt zu bemerken. In ganz Suhl sahen wir nun aber auch jetzt kein einziges Plakat, welches auf diesen Mittelaltermarkt hinwies. Also doch Dr. Google fragen. Und da fanden wir heraus, dass der Mittelaltermarkt in Suhl-Heinrichs, einem anderem Stadtteil, abgehalten wird. Unsere Sucherei erfolgte natürlich per pedes. So kamen wird tatsächlich an diesem Tag insgesamt auf die Marathondistanz: Halbmarathon gelaufen und einen Halbmarathon gewandert. Das war somit Rolands allererste absolvierte Marathondistanz.
Den Tag darauf, den Sonntag, nutzten wir für einen Ausflug nach Schmalkalden, ein wirklich sehenswertes und historisch bedeutsames Städtchen mit vielen hübschen Fachwerkhäusern. Im Schloss gibt es eine Dauerausstellung zum Schmalkaldischen Bund. Wenn man in Schmalkalden ist, sollte man diese Ausstellung auf keinen Fall verpassen!