Gerlinds Rennsteiglaufnachlese – Der SV Warnemünde am Rennsteig

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Drei Unerschrockene vom SV Warnemünde (Gudrun_ Berkholz, Gerd Eichler und Gerlind Michaelis) machten sich am 11. Mai 2012 auf den Weg in den Thüringer Wald, um den Rennsteig zu bezwingen. Zwei von ihnen waren „alte Hasen“ und hatten bereits mehrere Male am Rennsteiglauf teilgenommen. Z.B. hatte Gudrun_ schon 21mal den langen Kanten von 73 km bewältigt, ihre letzte Teilnahme lag 15 Jahre zurück. In diesem Jahr wollte sie den Marathon in Angriff nehmen. Vor 19 Jahren hatte Gerd zum letzten Mal die Strecke von Eisenach nach Schmiedefeld absolviert. Es war also an der Zeit zu testen, ob da noch etwas geht. Auf der Hinfahrt sollte mir als „Frischling“ scheinbar etwas Angst eingejagt werden, denn die Erlebnisse der beiden aus grauen Vorzeiten wurden mir eindrucksvoll präsentiert. Wir waren also alle gespannt auf den kommenden Tag.

Der Startschuss für den 72,7 km langen Supermarathon fiel pünktlich um 6:00 Uhr auf dem Marktplatz von Eisenach in 210 m ü NN. Laut GPS ist die Strecke übrigens sogar 73,2 km lang. Die Temperatur war mit 15°C angenehm, aber eine Jacke konnte nicht schaden, denn Abkühlung war vorhergesagt. Petrus war uns wohlgesonnen, denn er schickte keinen Regen und nur wenig Wind, sodass das Laufen bei 10°C angenehm war.

Langsam setzte sich die 2589 Läuferschlange in Bewegung. Meine Sorge, mich zu verlaufen war also unbegründet, denn ich befand mich unter Tausenden ebenso Verrückten. Ab und zu stoppte der Pulk auf den ersten 7 km, weil der Weg hinauf zum Marienblick teilweise steil und schmal war. Das kam meiner Taktik, bergauf zu gehen und bergab zu laufen, entgegen. Von dort oben hatten wir einen schönen Blick auf Eisenach.

Bei km 18 erwartete uns an der Glasbachwiese der erste Verpflegungspunkt. Die Läufer-Versorgung am Rennsteig ist legendär und tatsächlich erstklassig. Der berühmte Haferschleim wird in jedem Ort nach einem anderen Rezept hergestellt (mal mit Heidelbeeren, mal ohne), gibt aber auf jeden Fall die nötige Kraft.

Meine Taktik ging auf: Bergab überholte ich immer einige Läufer, bergauf ließ ich ein paar davon wieder vorbei. Eine Läuferin rief jedes Mal beim Überholen „Ach, da haben wir ja die Gerlind wieder!“ Auf den Startnummern stand nämlich jeweils der Vorname des Läufers und ich hatte meine nach hinter gedreht.

Mein Ziel bei dieser Veranstaltung war, heil und lächelnd in Schmiedefeld anzukommen, und dafür hatte ich 12 Stunden Zeit. Da es aber bei mir – vor allem bergab – ganz gut lief, reifte nach ca. 15 km in mir doch der Gedanke, dass ich einen Schnitt von 8 km/h schaffen und somit nach ca. 9 Stunden in Schmiedefeld ankommen könnte.

Aber zunächst lag der 3 km lange Anstieg über den Oberen Beerberg zum Inselsberg vor uns. Oben angekommen wurden die Läufer wieder mit weiten Ausblicken in die Täler rechts und links belohnt.

Eigentlich laufe ich gern bergab – dachte ich zumindest bis zu diesem Tag. Aber dieser Abstieg vom Inselberg war so steil (auf 1,3 km geht hinunter auf 746 m), dass ich gehen musste, um nicht hinzufallen. Dieser Abstieg gab der Oberschenkelmuskulatur den richtigen Kick für die restlichen 48 km.

Ab km 35 traf man viele Wanderer, die ich alle beneidete. Als die Ebertswiese bei km 38 in Sicht kam, war schon die Hälfte geschafft. Aber die km zwischen 40 und 50 waren die schwersten. Das häufige Bergablaufen gefiel meinen Oberschenkeln nicht und so genoss ich jeden Anstieg, denn da war ja Gehen angesagt. Wenn ich beim Gehen überholt wurde, war es an der Zeit wieder in den Laufschritt zu fallen. Langeweile kam also nicht auf. Erstaunlich viele Zuschauer feuerten die Läufer an.

Bei 55 km am Grenzadler bei Oberhof besteht die Möglichkeit, mit offizieller Zeitnahme aus dem Rennen auszusteigen. Aber sooo schlecht ging es mir nicht! Und da es „nur“ noch 17 km,  also geschätzte etwas mehr als 2 Stunden, bis zum Ziel waren, lief ich schnell an diesem riesigen Verpflegungspunkt vorbei, um nicht doch noch in Versuchung zu kommen.

Gegen Ende der Strecke wurde die Sani-Punkte zahlreicher. Viele Sanitäter hatten sich ein Feuer angezündet, um sich zu wärmen.

Bei km 62 liefen wir über den höchsten Punkt der Strecke (973 m) unterhalb des Großen Beerbergs. Von der Schmücke bei km 64 sollte es nur (fast) noch bergab gehen, hatte man mir vorher gesagt. Leider hatte ich das kleine Wörtchen „fast“ überhört oder unterbewertet. Jedenfalls gab noch ein weiterer Becher Haferschleim mit Heidelbeeren und ein Schluck Schwarzbier die nötige Kraft zum Durchhalten. Bei meinem Zieleinlauf wurde ich wie folgt angekündigt: „Jetzt kommt eine Läuferin aus dem hohen Norden, von der Ostseeküste, Gerlind Michaelis vom SV Warnemünde.“ Da bekam ich nicht nur wegen der kühlen 10°C eine Gänsehaut.

Ich fühlte mich im Ziel besser als nach allen meinen Marathons. Es stimmt also, was mir eine erfahrene Rennsteigläuferin vorher geraten hatte: Um diese Strecke zu schaffen, muss man so laufen, dass man nicht bis an seine Grenzen geht. Diese Strategie hat sich bei mir bewährt, so dass ich nach 9:00:45 Stunden lächelnd durchs Ziel lief.

Kategorie: Gastberichte | Tags:

3 Kommentare zu “Gerlinds Rennsteiglaufnachlese – Der SV Warnemünde am Rennsteig

  1. Glückwunsch Gerlind! Tolle Leistung von Dir! Du machst mir Hoffnung den langen Kanten auch mal zu probieren 😉 !

  2. Super gemacht, Gerlind!

  3. Schöner Artikel und tolle Leistung !!

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